Donnerstag, 19. Januar 2012

Eigentlich ein Fall fürs Jugendamt: Jasmin Tabatabais Grusel-Geständnis in der Harald Schmidt Show

Mir gehen die Bilder von gestern Abend nicht aus dem Kopf. Die Schauspielerin Jasmin Tabatabai macht sich in der Harald Schmidt Show über ihre zweijährige Tochter lustig, die nicht im Kindergarten zurückgelassen werden will. Immer wieder äfft sie mit kindlicher Stimme nach: "Neeeeiiiin, du sollst nicht gehen!" Und prompt hat Harald Schmidt die passende Antwort parat: "Ich finde, da muss man aber auch konsequent bleiben, oder?" Und: "Das sind aber auch kleine Erpresser." Und in meinem Kopf höre ich eine ganze Nation mitlachen und eifrig zustimmen. Wie schrecklich.


Wo bleiben der Mutterinstinkt und der gesunde Menschenverstand? Ein zweijähriges Kind, das Tag für Tag in einer Institution abgegeben wird und davor offensichtlich Angst hat. Ein zweijähriges Kind, das doch eigentlich zu seiner Familie gehört und das Spielen mit anderen Kindern lieber im Schutz einer gefühlt sicheren und vertrauten Umgebung erleben würde. Ein zweijähriges Kind, das stattdessen jeden Morgen aufs Neue resigniert feststellen muss, dass seine Eltern sein Flehen nicht erhören und stattdessen zufrieden feststellen, dass wenn sie erst weg sind, alles Bestens ist, weil das Kind ja dann bald aufhört zu weinen.

Erschütternd. Zumal ein solches Verhalten der Eltern inzwischen Standard ist. In den deutschen Großstädten erleben die meisten Kinder ihren zweiten Geburtstag nicht mehr zu Hause sondern im Kindergarten. Tag für Tag lassen Millionen Eltern ihre weinenden und flehenden Kinder zurück. Es ist dabei kein Geheimnis, dass vor allem so kleine Kinder verzweifeln, wenn die Eltern gehen wollen. Aber statt einzusehen, dass der Gang in den Kindergarten viel zu früh ist, nimmt man lieber die "beruhigenden" Reden der anderen Eltern zur Kenntnis, die die oft monatelange "Eingewöhnung" schon hinter sich haben und stolz berichten, dass man halt konsequent sein müsse. Man wisse doch, dass es den Kindern dort gut ginge. Dass die Kinder ganz Anderes signalisieren und schlichtweg lernen, dass ihre Verzweiflung von den eigenen Eltern nicht gesehen wird, möchten sich die lieber nicht ansehen.

"Es ist ja auch so wichtig, dass sie mit anderen Kindern spielen können und soziales Verhalten lernen." Zum verrückt werden! Die wichtigen Beziehungen sind die zu den Erwachsenen in der Umgebung und nur von denen lernt man Sozialverhalten. Wenn ich da an die kommunikativen Fähigkeiten der so genannten Erzieher denke, die ich kennengelernt habe, und die Zustände in den Kindergärten, die ich kennengelernt habe, überkommt mich das Grausen. Es scheint so einfach, die Verantwortung für das Lernen und die sozialen Kompetenzen der Kinder an Andere abzugeben, dass immer mehr Eltern liebend gerne davon Gebrauch machen und dafür zwangsläufig den größten Teil ihrer Empathie für die eigenen Kinder abstellen müssen. Furchtbar.

Oliver

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