Donnerstag, 24. Februar 2011

Die Guttenberg-Falle: Eine Doktorarbeit muss billig sein

Seit Tagen stehe ich der öffentlichen Hinrichtung von Karl-Theodor zu Guttenberg fassungslos gegenüber. Ich möchte an dieser Stelle weder irgendeine politische Leistung noch eine Fehlleistung des Ministers kommentieren. Es geht mir darum aufzuzeigen, dass er sich in seiner Doktorarbeit schlichtweg gesellschaftlich konform verhalten hat und damit dem vorgegebenen Weg unseres Bildungssystems gefolgt ist. Abserviert wird er jetzt mit einer Scheinheiligkeit, die von denen kommt, die dieses System mit einer Vehemenz verteidigen, ohne sich über die Folgen und Auswirkungen im Klaren zu sein: einer Riege der Selbstgerechten.


In unserem Bildungssystem geht es nicht ums Lernen oder das Fördern und Hervorbringen großartiger Leistungen. Es geht um Papiere. Ich brauche einen Schulabschluss, um vernünftig weiter machen zu können. Dieses Papier statt wirklichem Lernen ist das einzige Ziel, das Schule uns bietet. Viele glauben, einen Doktortitel zu benötigen, um im Beruf bessere Chancen zu haben. Ein Mediziner sagte mir mal: Eine Doktorarbeit muss billig sein.“ Das ist so. Nahezu jeder Doktorand, egal von welcher Fakultät, wird es ähnlich ausdrücken. Es geht in der Schule auch nicht darum, besonders viel zu lernen. Wir wissen längst, dass es deutlich bessere Wege zum Erlangen von Wissen und Fertigkeiten gibt als die Schule. Ein jeder Schüler hat die Aufgabe, Strategien zu entwickeln um gute Noten einzusacken und bis zum Schulabschluss durchzuhalten. Und mit dem Studium und seinen Abschlüssen ist es im Prinzip ähnlich. Billig muss es sein. Meinen Beruf lerne ich eh erst im Job. Aber dafür brauche ich den Abschluss.

Zu Guttenberg hat eine billige Doktorarbeit abgegeben und sich damit völlig konform verhalten. Er hat das deutsche Bildungssystem verinnerlicht und in Perfektion umgesetzt. Ohne dies freilich zu wissen. Und so ist er denn auch in die PR-Falle getappt, weil er sich erwischt gefühlt hat. Der Minister hat Schuldgefühle und das sieht man ihm an. Und deshalb – und nur deshalb – kann er jetzt so auseinander genommen werden. Er ist das Opfer eines Systems, dass er und die überwiegende Mehrheit in der Politik so will aber nicht versteht.

Oliver Wagner

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